Kushiro – Cape Nossapu

Tag 4 – 6

Unseren Pausetag in Kushiro konnten wir nach den anstrengenden ersten drei Fahrtagen gut gebrauchen. Bevor wir allerdings mit den Rädern zum Hotel fahren, sind wir erstmal zu Starbucks gegangen. Das ist natürlich nicht wirklich japanisch, allerdings gibt es dort WLAN und das konnten wir gut gebrauchen. Außerdem konnten wir dadurch ein paar Regenschauer aussitzen. Im Anschluss sind wir dann aber doch noch in eine japanische Bäckerei gegangen und haben uns noch süße Teilen geholt. Der Verkaufsladen war sehr klein und die Waren liegen nicht wie bei uns hinter der Theke im Regal, sondern lagen überwiegend einzeln verpackt oder auf abgedeckten Tabletts im Raum aus. Am Eingang gab es kleine Tabletts und Zangen und so haben wir uns unser Mittagessen ausgesucht. Zum Essen sind wir einen nahegelegenen Park gefahren, weil man in Japan nicht im Gehen oder generell auf der Straße isst.

Abends haben wir noch einen kleinen Spaziergang ins nahegelegene Izakaya-Viertel und Richtung Hafen gemacht. Izakayas sind ganz kleine Kneipen, die gleichzeitig Restaurants darstellen und sehr typisch in Japan. Allerdings war uns mit unseren aktuell noch minimalen Japanisch-Kenntnissen nicht ganz wohl dabei und deshalb haben wir einen Izakaya-Besuch auf wann anders verschoben. Wir haben ja noch ein paar Wochen Zeit. Danach mussten wir leider feststellen, dass wir auch zu Hause Restaurantbesuche ohne Reservierung zur besten Abendessenszeit nicht möglich ist und haben uns deshalb bei Ramen und Sushi im Hotel gemacht.

Am nächsten Tag ging dann weiter gen Osten nach Hamanaka oder genauer gesagt 10 km weit weg ans Kap Kiritappu an der Südküste Hokkaidos. Über den ganzen Vormittag war es so neblig, dass eine Aussicht an den nahegelegenen Ozean nicht möglich war. Passend zum Wetter wurden auch die Orte immer „grauer“, sie wurden kleiner, beschränkten sich manchmal auch auf Häuseransammlungen und wirkten in unseren Augen teilweise etwas trist. So richtig wollte bei mir der Fahrspaß an dem Vormittag nicht aufkommen. In den Orten konnten wir allerdings sehen, wie Algen, Kombo, getrocknet werden. Sie werden auf großen geschotterten Plätzen von Hand sorgfältig der Länge ausgelegt. Wir haben uns allerdings gefragt, wie lange das Trocknen bei der hohen Luftfeuchtigkeit am Meer dauert, aber vielleicht hilft der höhere Salzgehalt nach? Zwischen den Orten ging es durch Wälder und es doch bemerkenswert wie nahe sich hier Tiere und Mensch kommen. Schon an Ortsenden standen Rehe am Straßenrand manchmal auch an Kreuzungen und ein querender Fuchs hat sich auf der Straße im Wald einfach auf die andere Fahrspur gesetzt und uns beim Vorbeifahren zugeschaut. Das ist für uns noch etwas gewöhnungsbedürftig. Zusätzlich gab es gerade auf dieser Strecke viele Warnungen vor Bären und dass man deshalb die Wege nicht verlassen soll. Nach der Mittagspause wurde es endlich etwas heller und wir bekamen sogar Sicht aufs Meer, was unserer Motivation in jedem Fall gut tat. Emder Tagesetappe strampelten wir noch die letzten Höhenmeter zu unserem Campingplatz hoch und ließen den Abend bei einem Onsen-Besuch ausklingen. Die Onsen bieten für uns eine günstige Waschgelegenheit und das anschließende Entspannen in der heißen Quelle tut einfach gut.

Der Campingplatz oben auf der Klippe gehört definitiv zu den beeindruckendsten Plätzen, an denen ich bisher war. Auch wenn die Sicht nicht so gut war, war der Blick auf die Wellen unter uns in der Bucht sehr beeindruckend. In dieser Nacht haben wir außerdem neues Vertrauen in unser Zelt bekommen, da es sehr windig und regnerisch war und man bei der exponierten Lage keine Möglichkeit eines geschütztes Zeltplatzes hatte. Und so kam es, dass wir am nächsten Morgen auf eine Regenpause zum Zelt abbauen warteten und sich die Abfahrt in den Vormittag verschob. Bei kleineren Schauern und warmen Temperaturen von knapp über 20 Grad nahmen wir unser nächstes Ziel, Nemuro und das Kap Nosappu, ins Visier. Nochmal ca. 90 km bis zum östlichsten Punkt Japans. Unterwegs bekamen wir trotz mäßigem Wetter immer wieder schöne Blicke auf die Küste, Klippen, Seen, Wiesen und Vögel. Und auf Rehe in Orten und Füchsen natürlich … In Nemuro angekommen, die letzte große Stadt dort im Osten, holten wir uns Mittagessen und Snacks für den Rest der Strecke und machten uns auf den Weg. Mit viel Rückenwind fuhren wir die letzten Kilometer vorbei an der östlichsten Tankstelle, der östlichsten Waschanlage und so weiter. Ihr könnt euch vorstellen, was dort der weit verbreiteste Werbeslogan ist. Und als hätten wir es so bestellt, kam am Kap tatsächlich die Sonne raus. Das tat richtig gut!

Da standen wir also am östlichsten Punkt Japans mit Blick auf die zu Russland gehörenden Inseln. Die nächste Insel ist nicht mal 4 km entfernt und gemeinsam mit drei anderen bildet sie eine Inselgruppe, die früher zu Japan gehört hat. Auf Hinweistafeln wird darauf aufmerksam gemacht, dass diese Inseln als Zeichen den Friedens Russland überlassen wurden. Insgesamt gibt es am Kap drei kleine Denkmäler und eine riesige Konstruktion, die an die vier Inseln erinnern. Auch an der Hauptstraße der Landspitze stehen viele Hinweisschilder dazu. Es gibt sogar jedes Jahr einen Gedenktag. Aber auch ohne den geschichtlichen Aspekt war es ein beeindruckendes Erlebnis für uns. In 5,5 Fahrtagen sind wir die Strecke von fast 600 km mit unserem ganzen Gepäck geradelt. Darauf sind wir ein bisschen stolz.

Noch eine kurze Stärkung und dann geht es mit Gegenwind zurück nach Nemuro, wo wir die Nacht in einem japanischen Gästehaus, einem Minshuku verbringen werden und dabei auf Tatamis bzw Futons schlafen werden. Nach sechs Tagen Richtung Osten fahren wir endlich mal wieder Richtung Westen und dazu noch in den Sonnenuntergang. Was ein schöner Abschluss!

Heute geht es mit den Zug zurück nach Sapporo. Den ersten Streckenabschnitt zurück nach Kushiro fahren wir mit einer Ein-Mann-Bahn. Das ist ein Zug, der nur aus einem Waggon mit jeweils einem Führerstand an den Enden besteht. Um die Räder mit in den Zug nehmen zu können, müssen die in sogenannten Ringko-Bags verpackt sein. Für den Transport nimmt man das Vorderrad aus der Gabel und bindet es mit drei Gurten seitlich am Rahmen an. Im Anschluss wird der Lenker noch um 90 Grad eingedreht und der Sattel nach unten geschoben. Dadurch wird das Rad echt handlich und man kann es durch einen langen befestigten Riemen über der Schulter tragen. Außerdem kann sich so niemand am Rad beim Vorbeilaufen schmutzig machen. Das ist nämlich der Grund für das Einpacken das Rads.

Die nächsten beiden Tage sind wir nochmal in Sapporo, bevor wir am Dienstagabend eine Fähre nach Nigata auf der Hauptinsel Honshu nehmen werden. Und wir wären nicht wir, wenn wir morgen nicht auch eine Radtour machen würden. Aber diesmal ohne Gepäck, das bleibt im Hotel.

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