Von Donnerstag bis Dienstag waren wir bei der Weltmeisterschaft der Radkuriere (CMWC) in Yokohama. Das heißt, dass wir am Donnerstag mit den Rädern bei norddeutschen Nieselregen Wetter mit viel Wind von Tokyo nach Yokohama geradelt sind. Noch in Tokyo legten wir einen Stopp bei einem Radladen ein, der Teile, Taschen und Rahmen für Singlespeed- oder Fixieräder hat. Wir hatten mehr als genug Zeit bis wir in Yokohama sein wollten und stöberten eine Stunde lang im Laden. Insgesamt war der Tag recht gemütlich, weil wir mit den Rädern wegen den ganzen Ampeln nur langsam durch die Stadt bzw. Städte kamen.



Das Programm am Freitag begann auch wieder ruhig. Mittags fanden nur zwei kleine Spaß-Wettbewerbe auf einem Parkplatz des Stadions, an dem die CMWC stattfand, sodass genug Zeit war, um Bekannte von früheren Meisterschaften zu treffen und sich auszutauschen. Dabei spreche ich hauptsächlich von Micha, weil er definitiv mehr Leute kennt als ich, wobei man aber auch jede Menge neue Leute kennenlernt.






Vor der Party abends gingen Micha und ich in Chinatown etwas essen. Das chinesische Viertel in Yokohama ist das größte in Japan und bietet jede Menge Auswahl an Restaurants, Einkaufsläden und Handleseläden. Letzteres haben wir allerdings ausgelassen und uns vor allem aufs Essen konzentriert. Unsere Suche bei strömendem Regen führte uns schließlich in ein taiwanesisches Restaurant, wo wir uns unter anderem Rettichkuchen und Mappu-Tofu bestellten. Den Nachtisch holten wir uns im Anschluss an einem Straßenstand. Im Vorbeigehen hatte ich nämlich Sesambällchen entdeckt, die ich unbedingt haben wollte. Normalerweise sind das süße Reisteigbällchen, die mit Sesam ummantelt sind aber diesmal waren sie mit einer Mohnmasse gefüllt und haben uns definitiv positiv überrascht. Gut gesättigt und klatschnass ging wir zur nahegelegenen Party. Die Partylocation wird mir noch lange im Kopf bleiben, weil sie im 30. Stock des Marine Towers stattfand. Der Marine Tower ist ein ehemaliger ca. 100 m hoher Leuchtturm, der in den 60ern erstellt wurde und auf mich immernoch modern wirkt. Der Raum oben ist durch den Kern des Turms unterbrochen, sodass man nur im Kreis gehen kann, wenn man auf die andere Seite möchte. Viel Platz war also nicht aber dafür umso mehr Aussicht auf die Stadt durch die komplett verglasten Außenwände. Wenn ich daran denke, wirkt es immernoch surreal, dass wir da waren, wenn auch nicht lange, weil wir für das Qualifikationsrennen am nächsten Tag fit sein wollten.





Am Samstagmorgen fuhren wir zum ersten Mal ans Stadion, wo es außer den Rennen auch eine kleine Messe und Foodtrucks gab. Im Vergleich zu bisherigen Meisterschaften ist das in dem Rahmen zwar recht ungewöhnlich, allerdings sind dadurch einige „Externe“ vorbei gekommen, die keine Radkuriere sind. Micha und ich waren mit ca. 100 anderen im gleichen Qualifizierungsrennen und durften zu Beginn des Rennens in der großen Gruppe zwei Runden im Stadion drehen, bevor wir unsere Manifeste bekamen und das Rennen eröffnet wurde. Während Micha beim Start mit vorne dabei war, bin ich das Rennen gemütlicher angegangen und deshalb etwas weiter hinten gestartet. Das Rennen führte uns über verschiedene Stadionzugänge auf vier Ebenen verteilt rund um das Stadion zu den Checkpoints. Die Wege zwischen den einzelnen Checkpoints waren Einbahnstraßen, sodass man vorher überlegen muss, in welcher Reihenfolge man sein Manifest abarbeitet und dabei möglichst wenig Extra-Runden einlegt. Bei Micha lief das ziemlich gut aber ich habe schon zu Beginn Fehler gemacht und musste deshalb ein paar Runden mehr drehen, bis ich alle Aufgaben des ersten Manifests erledigt hatte. Unsere Jobs bestanden aus Abholung, Transport und Lieferung von Paketen, wie Schuhkartons, Posterrolen uvm. Kurieralltag eben. Das zweite Manifest war dagegen einfacher gestaltet, weil wir die Checkpoints in einer vorgebenen Reihenfolge abfahren mussten und ohne Pakete fahren konnten. Die abgearbeiteten Manifeste mussten wir am Headquarter abgeben, wo die Uhrzeit der Abgabe festgehalten wurde. Insgesamt hatten wir in der Qualifikation 90 Minuten Zeit. Normalerweise hat man im Kurieralltag eine große Tasche oder Rucksack und/oder einen (Front-)Gepäckträger für den Transport dabei, aber Micha und ich mussten etwas improvisieren, weil wir für die Meisterschaft keine Taschen mitgenommen hatten. Gemäß dem Motto „Kurier, jonglier“ landete das ein oder andere Päckchen entweder in einer Hand auf dem Lenker oder wurde auch mal vorne noch ins Trikot gesteckt. Statt Rucksäcken nahmen wir jeweils kleine Spanngurte, an die wir eine kleine Tasche einfädelten. Vor allem die Laufpassage auf dem Parcours war mit einem Päckchen in der einen und dem Rad in der Hand immer etwas herausfordernd. Rückblickend hatten wir beide aber viel Spaß beim Rennen, auch wenn Micha natürlich Ambitionen für das Finale hatte. Spät abends würde klar, dass seine Ambitionen erfüllt wurden und er sich einen Platz im Finale am Sonntag gesichert hatte. Für mich reichte es allerdings nicht. Den Nachmittag nutzten wir für Tour über die Messe, kauften allerdings nichts mehr, weil wir ja schon in Tokyo ein paar Fahrradteile und T-Shirts gekauft hatten. (Die Sachen werden wir mit der Post an unser letztes Hotel schicken.) Am Abend teilten Micha und ich uns nach dem Abendessen auf, weil er ein Alleycat in der Stadt mitfahren wollte und ich bei der Party vorbeischauen wollte. Der Name der Partylocation war auch diesmal Programm, weil es eine alte Tiefgarage war und die Bar Garage+ heißt. Ich schreibe das allerdings nur, weil ich vom Eingang überzeugt war, der noch über die alte Garagenzufahrt erfolgt, sodass man direkt in (!) die Bar fahren und das Rad im vorderen Bereich abstellen konnte. Eine Drive-In-Bar – ich fand es super! Micha kam später nach und schwärmte von den leeren breiten Straßen, über die sie das Alleycat führte. Wie freitags sind wir auch von dieser Party recht früh heimgefahren, weil Micha ja am nächsten im Finale starten durfte.









Und dann ging es recht schnell. Am Mittag bekamen die Finalistinnen und Finalisten ein Briefing zum Rennen, konnten Fragen stellen und sich nochmal mit dem Parcours vertraut machen, der sich allerdings seit dem Vortag nicht verändert hatte. Für den Start mussten alle die Räder einem Streckenbereich ablegen und auf den großen Platz kommen, sodass sie beim Start zuerst die Treppe hochrennen mussten und dann zu den Rädern konnten. Während alle unten auf den Start warteten, konnte sich Micha noch kurzfristig eine große Umhängetasche organisieren, damit er nicht wieder mit einem Spanngurt und der eingehängten Tasche fahren musste. Für das Rennen waren maximal 2,5 Stunden und maximal 8 Manifeste vorgesehen, wobei nicht alle Teilnehmende alle Manifeste bekamen. Die Ausgabe der letzten Manifeste war nach dem Rennfortschritt gestaffelt, sodass gegen Ende immer weniger Personen auf der Strecke unterwegs waren. Micha war ziemlich gut unterwegs und hatte die meiste Zeit über gute Laune. Er mag am liebsten Manifeste, bei denen man gut nachdenken muss und nicht nur über schnelles Fahren gewinnen kann. Aber auch wenn die zu erledigenden Jobs insgesamt nicht sehr kompliziert waren, hatte er Spaß dabei. Einen kurzen Schreckmoment gab es als er vor der Laufpassage in einer Runde beim Absteigen fast stürzte, weil er erst im letzten Moment aus dem Pedal ausklicken konnte. Daneben gab es glücklicherweise keine größeren Zwischenfälle wie Platten o. Ä.. Nach ca. 2 Stunden wurde er aus dem Rennen genommen und landete damit auf einem genialen 7. Platz! Besser hätte es kaum laufen können! Den offiziellen Abschluss des Wochenendes machte die Siegerehrung der Rennen und ein Gruppenfoto auf den Stadionstufen draußen. Bei der anschließende Party gingen wir diesmal nicht früher ins Hotel zurück, obwohl wir am Montag eigentlich früh aufstehen und wieder auf die Räder steigen wollten. Gegen Mitternacht entschieden wir einen Tag länger in Yokohama zu bleiben, um ausschlafen und ein paar Erledigungen machen zu können. Die Hauptsehenswürdigkeiten hatten wir in den Tagen davor schon vom Rad aus gesehen, sodass uns ein gemütlicher Montag bevorstand.










Morgen geht es endlich wieder auf die Räder. Unser erstes Etappenziel wird der Fujiyama sein, bevor wir danach weiter nach Kyoto radeln werden.
Glückwunsch zu einem tollen 7. Platz!
Und ganz viel Spaß weiterhin suf eurer Tour!!
Hi ihr beiden, das sind ja tolle Eindrücke und sogar spannende Events für Radfahrer in Japan. Schön, dass ihr uns auf diese Weise an euren Erlebnissen teilhaben lasst. Weiterhin viel Freude und gutes Wetter auf euren Wegen, toi, toi, toi für alles. Liebe Grüße
Gut gemacht bei der WM, Glückwunsch zum Ergebnis an Micha
Tolle Bilder wie immer. Ich habe wie immer das Gefühl, als wäre ich dabei.
Der Bericht ist auch zum mitfiebern geschrieben.
Danke. Weiter so