Nach unserer zweiwöchigen Radpause in Tokyo und Yokohama freuen wir uns endlich wieder auf den Straßen in Richtung Fuji und danach Kyoto unterwegs zu sein. Am ersten Fahrtag wollen wir bis zum Fuß des Fuji bzw den um den Vulkan gelegenen Seen kommen. Die alte Routine zum Räderpacken und Snacks für unterwegs kaufen war anscheinend nie weg und so kommen wir nach einem ausgiebigen Hotelfrühstück zeitig los. Wir sind zwar nach dem Berufsverkehr unterwegs aber müssen uns trotzdem durch eine volle Stadt und viele rote Ampeln kämpfen. Nach einer Stunde haben wir ernüchternde 12 km geschafft und wir fangen an uns zu fragen, wie wir jemals an dem Tag noch an den Fuji kommen sollen. Denn außer Zeit kosten die vielen roten Ampeln vor allem Nerven und die sind bekanntlich nicht unendlich vorhanden. Das Stadtgebiet ist riesig und auch auf den größeren Straßen kommen wir am Vormittag nicht wirklich schneller voran aber wir bleiben tapfer und radeln weiter. Gegen Mittag lichtet sich dann endlich die Bebauung und zwischen kleineren Häusern kommen auch wieder vermehrt Gärten und kleine Felder vor. Als wir die Stadt endlich hinter uns lassen, ist es schon Mittag und der Hunger kommt, sodass wir an einer Bundesstraße an einem Restaurant mit japanischer Hausmannskost halten. Die gleiche Idee hatten einige LKW-Fahrer, aber es gibt noch einen Platz für uns auf einem Tatami-Boden. Das erste Mal für uns, dass wir im Schneidersitz auf dem Boden essen werden. Einen Tisch gibt es natürlich. Allerdings muss man bei diesen Plätzen die Schuhe ausziehen und dabei zögern wir kurz, ob wir nach einem Platz an einem normalen Tisch mit Stühlen Fragen sollen, weil unsere Schuhe nach diversen Wochen nicht mehr so frisch riechen. Andererseits ist es eine super Gelegenheit so einen Platz mal auszuprobieren, die wir nutzen wollen. Beim Bestellen klappt es aber nicht auf die japanische Art, weil die Karte auf japanisch ohne Bilder ist. Solche Karten mit Bildern gibt es sonst oft in Restaurants. Mit Hilfe unserer Handys finden wir schnell etwas und freuen uns danach über ein Curry und Ramennudeln. Gut gesättigt gehen die nächsten Kilometer gut rum und wir können an Straßenrand mittlerweile nicht nur kleine Bambuswäldchen sondern auch vereinzelt Palmen sehen. Kurz vor unserem Tagesziel wird es dann nochmal richtig anstrengend. Über 7 km müssen wir ca. 1100 Höhenmeter fahren, um an den Yamanaka-See am Fuße des Fuji zu kommen. Im Schnitt hat die Straße 10 % Steigung und bringt uns in den steilsten Abschnitten fast an unsere Grenzen. Aber die Quälerei hat sich gelohnt, denn als wir in die Abfahrt zum See gehen, bekommen wir den Fuji im Sonnenuntergang zu sehen. Diesen Abend nehmen wir uns ein Hotel am anderen Seeende, das sogar ein Onsen hat. Der Fuji wirkt an dem See zwar groß aber seine tatsächliche Höhe ist schwer einzuschätzen, weil er so exponiert ist. Er ragt noch fast 3000 m über den See. Das ist schwer vorstellbar.






Am nächsten Morgen wollen wir mit Sonnenaufgang aufstehen und nochmal an den See fahren, um den Fuji im Licht der aufgehenden Sonne zu sehen. Das Glück haben wir allerdings nicht, weil mit dem Sonnenaufgang auch Wolken kommen, die die Sonne verdecken. Aber egal, wir haben es versucht und sind mit drei Reisegruppen die „ersten“ beim Frühstück. Das hat zumindest den Vorteil, dass von allem reichlich da ist und die Auswahl war wirklich groß! Da wir ohne Zeltabbauen viel Zeit sparen, kommen wir früh los und haben genug Zeit für unsere Tagesetappe; knapp 180 km nach Omaezake, das am Pazifik liegt. Bei der Abfahrt ist es mit knapp 20 Grad endlich mal wieder angenehm kühl, wobei es bei der ein oder anderen kurzen Abfahrt im Wald etwas frisch wird. Auf kleinen Straßen fahren wir zwischen Ferienhäuschen um den Fuji bis wir auf der Südwestseite die Höhe verlassen und bis auf Meereshöhe runterfahren, wobei der Wald so dicht steht, dass wir den Fuji nur sehr selten sehen können. Wir sind uns trotzdem sicher, dass er da steht. Au ddem weg ans Meer fahren wir über den Fuji-Fluss, kommen durch Fuji-Stadt und einem anderen Ort mit Fuji im Namen, sodass das Tagesmotto feststeht. Gegen Mittag kommen wir schließlich auf die Pacific Cycling Road, die wir in den nächsten Tagen noch öfters fahren werden. Eigentlich ist das ein über 1000 km länger Fernradweg in Japan, entpuppt sich aber wie viele Radwege als manchmal nervenraubende Angelegenheit. Viele Abschnitte sind noch nicht ausgebaut, weshalb man öfters auf großen Landstraßen am Straßenrand fährt oder auf Radwege, die nicht gut befahrbar sind. Südlich von der Hafenstadt Shizuoka fahren wir noch an der Erdbeerstraße entlang, hier reihen sich viele kleine Gewächshäuser mit Erdbeeren aneinander, bevor wir zu dem bisher absurdesten Radweg kommen. Der Radweg verläuft über etwa 2-3 km zwischen dem Express Highway und der Nationalstraße (beides insg. achtspurige Straßen), die wiederum zwischen der Küste und den Bergen eingeengt liegen. Direkt danach kommen wir auf eine ruhigere Straße, die uns zu einem wunderschönen Streckenabschnitt führt. Direkt an der Küste beginnend, fahren wir immer in Küstennähe den Berg rauf und können eine unglaubliche Aussicht genießen, wenn die Bäume etwas lichter stehen. Zurück im Tal haben wir statt dem bisherigen Rückenwind Gegenwind und müssen ab sofort stärker in die Pedale treten, um voran zu kommen. Deshalb entscheiden wir, einen Abstecher an eine Landzunge zu streichen und uns somit einige Kilometer zu sparen, um rechtzeitig auf dem Campingplatz zu sein. Trotzdem landen wir am Ende des Tages wieder in einem Hotel, da der Campingplatz fast so viel wie ein günstiges Hotelzimmer kostet, bei dem zusätzlich zum Frühstück auch noch ein Abendessen in Form eines Teller Curry mit Reis enthalten ist. Auch wenn uns ein Teller Curry nach dem langen Tag nicht reicht, ist es eine gute erste Sättigung bevor wir etwas essen gehen.












An Tag drei könnte der Radweg kaum schöner beginnen. Wir folgen der Pacific Cycling Road durch einen Wald an Dünen und freuen uns über einen gut ausgebauten Radweg direkt am Meer bei leichtem Gegenwind. Aber wie so oft stehen wir auch hier nach wenigen Kilometern wieder am Ende der Ausbaustrecke, wir ich es nenne, und sind gezwungen auf der Landstraße zu fahren. Aus einer gemütlichen Tour wird somit recht stures Fahren im Wind, da wir die meiste Zeit an der Landstraße sind. Nur kurz vor unserem Tagesziel folgen wir dem Radweg für einen Bogen am Meer durch einen Wald. Wir müssen uns immer wieder unter großen Spinnennetzen ducken, die meistens recht hoch hängen, und sehen wegen dem Wald nur ein paar Mal das Meer. Uns erscheint das Stück Radweg als Erlebnisweg, da dafür sogar eigene Brücken gebaut wurden. Immerhin ist er gut asphaltiert und deshalb nehmen wir es als kurze Erholung von der Landstraße mit. Später nehmen wir uns den Nachmittag frei, um im Meer baden zu gehen, bevor wir es uns am Campingplatz bequem machen. Den Wecker für morgen früh stellen wir uns auf 5.30 Uhr.



Warum wir so früh aufstehen wollen? Wir haben eine Fährfahrt in unserer Strecke und wollen uns am Nachmittag das Schloss in Iga anschauen. Auf dem Weg zur Fähre morgens halten wir kurz an einem Konbini zum Frühstück holen und genießen ansonsten vor allem auf den letzten Kilometern die Aussicht. Nach der Fähre haben wir richtig Glück mit wenig befahrenen und kleinen Straßen. Teilweise führt uns die Route durch Wohngebiete mit vielen klassischen Holzhäusern und dann wieder an Reisfeldern. Jetzt haben wir das „Postkarten-Japan“ definitiv erreicht! Kurze Waldabschnitte mit schmalen Straßen bieten uns Abwechslung und halten die Laune oben. Bis hierhin war es maximal leicht wellig und deshalb stehen uns auf den letzten 45 km noch fast 1000 Höhenmeter bevor. Nach den letzten Tagen fahren wir die Berge längst nicht mehr so energiegeladen hoch, sondern nutzen die kleinsten Gänge öfters. Die letzte Stunde fordert nochmal alles von uns, weil uns tatsächlich die Snacks ausgegangen sind und sich zum Schluss der leichteste Anstieg wie ein steiler Berg vorkommt. Deshalb freuen wir uns sehnsüchtig auf die Stadt und halten beim ersten Konbini, an dem wir vorbeikommen. Mit einem Eis und etwas zu trinken sieht die Welt wieder ganz anders aus und wir können gestärkt zum Schloss fahren. Das Schloss ist teilweise eine Ruine aber ein paar Gebäude und den großen Turm gibt es noch. Rund um das Schloss stehen einige Tempel, Schreine und weitere alte Holzhäuser, die wir beim Reinfahren in die Stadt schon gesehen haben. Morgen geht es auf die letzte Etappe nach Kyoto. Nach vier teilweise sehr langen Fahrtagen freuen wir uns auf den anstehenden Radpausetag nach der morgigen Etappe.














Diese letzte Etappe führt uns von Iga nach Norden an den Biwasee und entlang des Ostufers wieder ein Stück nach Südwesten bis wir Kyoto erreichen. Mit ziemlich schweren Beinen steigen wir morgens auf die Räder und freuen uns über eine relativ flache Etappe. Die Hügel nördlich von Iga erinnern uns an Landschaften bei uns, nur dass die Häuser etwas anders aussehen. Mit wenigen Pausen erreichen wir den Fluss Yasu und den parallel verlaufenden Radweg, der bis an den See durchgeht. Einerseits ist es schön nebeneinander fahren zu können aber andererseits ist das Abspülen der Kilometer bis an den See dort wenig abwechslungsreich. Umso größer ist die Freude als wir den See erreichen. Der Biwa-See ist der größte Binnensee Japans und etwas größer als der Bodensee. Wir sehen dort viele Radfahrer, was uns zwar freut aber auch bedeutet, dass wir wieder hintereinander fahren müssen. Man gewöhnt sich daran, in der Regel alleine auf den Wegen unteterwegs zu sein. Der erste Teil der Seestrecke macht Spaß zu fahren. Wir haben gutes Wetter und die Aussicht ist schön. Später wechselt das etwas, weil neben dem See eine gut befahrene Landstraße ist, sodass es sich so anfühlt als ob man eine Radtour am Bodensee neben der Bundesstraße machen würde. Mittlerweile ist es wärmer geworden wir suchen uns am See eine schöne Stelle auf einer Wiese zum Pause machen. Wie so oft haben wir auch heute kurz vor dem Ziel einen letzten Anstieg. Dieser ist aber kurz und knackig und führt uns an einen alten Kanal der am Stadtrand von Kyoto liegt. Der Kanal führt uns zum Nantenji-Tempel, der am nordöstlichen Stadtrand liegt und von dem man eine gute Aussicht über die Stadt haben soll. Die ist im Herbst bzw. im Frühjahr bestimmt besser, wenn die Bäume nicht so dicht sind. Der Tempel ist 800 Jahre alt und hat ein riesiges Eingangstor, auf das wir hochgehen. Sockig, Schuhe ausziehen ist Pflicht, gehen wir die steile Holztreppe hoch und müssen an Balken auch mal den Kopf einziehen aber es lohnt sich. Wir bekommen eine schöne Aussicht über die Stadt und können einen Raum oben auf dem Tor anschauen, der sehr schöne Wand- und Deckenmalereien besitzt. Unsere Tour beenden wir am Heian-Jingu-Schrein in der Stadt und belohnen uns dort mit gefüllten Teigtaschen, die uns an süße Ravioli erinnern. Die Verkäuferin weist uns zwar netterweise auf das Haltbarkeitsdatum hin aber wir essen beide Packungen direkt auf. Die werden wir sicherlich nochmal kaufen.


















Hiermit endet unsere Fahrt von Yokohama nach Kyoto nach 565 km und mit vielen schönen neuen Erinnerungen im Gepäck.
Liebe Anna,
auch auf diesem Wege: herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und alles Gute für das neue Lebensjahr. Lass es dir heute besonders gut gehen. Vielleicht kannst du ja feiern, evtl. mit Sushi;). Alles Gute auch weiterhin auf euren Wegen. Liebe Grüße
Wow, wieder ein ordentliches Stück gefahren! Immer wieder schön was von euch zu lesen und Bilder zu sehen.
Hoffentlich habt ihr die vorgeschriebene Dehnübung am See gemacht 😉