Shikoku, Shimamani-Kaido und Insel-Hopping

So langsam kommt der Herbst bei uns an und die Nächte werden kälter. Für uns bedeutet das, dass wir, wenn wir morgens mal wieder früh aufstehen wollen, uns verhältnismäßig warm anziehen müssen, also Weste, Armlinge und Knielinge.

Die zweite Umstellung betrifft dagegen unsere Routenplanung von Shikoku bis nach Hiroshima, weil am nächsten Montag ein Feiertag in Japan ist und wir ausgerechnet dann ein Hotelzimmer bräuchten. Deshalb nahmen wir uns für den ersten Tag auf Shikoku eine Strecke von ca. 140 km vor. Der Anfang mit einer frühen Fähre runter von Shodoshima fing dann recht gemütlich mit einer Schleife in die Anfänge des Hinterlandes Shikokus an und ließ vermuten, wie schön es im Inselinneren sein muss. Trotzdem hatte sich die Schleife für uns nur bedingt gelohnt, weil wir eigentlich einen See sehen wollten, den wir wegen dem zugewachsenen Ufer gar nicht sehen konnten. Bis zum Mittag konnten wir vorerst auf Landstraßen mit mäßigem Verkehr fahren, wobei wir mehrere Pausen machen mussten, um mein Hinterrad aufzupumpen (Tubeless-Ventil war nicht mehr ganz dicht). Schließlich entschieden wir einen Schlauch einzuziehen, weil Aufpumpen im Stundentakt keine dauerhafte Lösung gewesen wäre. Später ging es entlang an Hauptstraßen weiter Richtung Westen der Insel bis wir in einem großem Industriegebiet im Berufsverkehr landeten. Das trübte den Fahrspaß vorübergehend etwas bis wir am Stadtausgang auf eine ruhigere Straße kamen und wir mit dem Anstieg und der dazugehörenden Aussicht belohnt und auch versöhnt wurden. (Schönere Straßen hätten uns mit wesentlich mehr Höhenmetern in und durch das Hinterland geführt, allerdings wollten wir uns das ersparen und dafür eher zügig den Shimanami-Kaido erreichen. Das ist ein Radweg, der von Imabari auf Shikoku über mehrere Brücken und Inseln nach Onomichi auf Honshu führt und die bekannteste Radstrecke Japans ist.)

Unser Campingplatz am Meer ist von allen bisher besuchten Plätze definitiv einer der besten und schönsten. Dass wir unser Zelt zwischen Palmen aufstellen konnten, erscheint uns allerdings immer noch surreal.

Am nächsten Tag fuhren wir wieder mit ähnlich viel Verkehr wie am Vortag weiter auf der Hauptstraße nach Westen bis wir Imabari und den Anfang des Shimamani-Kaido erreichten. Bevor wir auf die erste Brücke fuhren, bogen wir vom Radweg ab, um uns am Ufer eine Bento-Box in einem kleinen Laden zum Mittagessen zu holen. Mit anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten, weil wir nicht verstanden, dass es zwei Reisportionsgrößen gab, suchten wir uns eine Box nach unserem jeweiligen Geschmack. Mit (der) Aussicht auf die erste Brücke saßen wir in dem kleinen Imbiss und freuten uns auf die restliche Tagesstrecke zu einem Campingplatz auf einer Insel der Shimamani-Inselgruppe. Auf der ersten Insel eröffnete Micha spontan seine Idee, auf einen Berg zu einem Aussichtspunkt zu fahren und konnte mich damit auch direkt überzeugen, sodass wir uns die 300 Höhenmeter hochquälten, weil die Straße etwas steiler war als wir es erwartet hatten. Nach der Abfahrt fuhren wir auf allen Inseln größtenteils an der Küste neben Mandarinen-Bäumen und Feigen entlang. Nur an den Brückenauffahrten mussten wir die meist ca 40 m hoch fahren, wobei für die Auffahrten des Radwegs recht lange und kurvige Rampen angelegt wurden. An manchen Brücken gab es sogar eigene Aufgänge für Fußgänger, sodass man richtig schön runterrollen kann. Wir waren allerdings nicht alleine auf den Straßen unterwegs, da viele Radsportler als auch Freizeitfahrer mit eigenen oder geliehenen Rädern unterwegs waren. Für das Abendessen am Campingplatz holten wir uns an einem Marktstand an einem Rastplatz etwas Gemüse das wir mit weiteren Zutaten aus dem nächsten Kombini kombinierten. Leider war das Kochen abends nicht so gemütlich wie erhofft, weil es mittlerweile wieder kühler geworden war und ein ordentlicher Wind ging.

Am nächsten Tag fuhren wir die zweite Hälfte des Shimamani-Kaidos nach Norden weiter. Da es morgens wieder recht kalt war, nutzten wir den ersten Konbini auf der Route, um uns etwas warmes zu trinken zu holen. Mit Kaffee bzw. heißer Yuzu-Limonade (vergleichbar mit heißer Zitrone) folgten wir dem Radweg auf den Inseln. Dabei sahen wir Strände, Felsen und Inseln aber auch kleine Häfen und große Werften. Unser Tagesziel hatten wir am Abend vorher von Honshu auf eine benachbarte Inselgruppe verlegt, da ausgerechnet der Feiertag „Sporttag“ unsere Übernachtungspläne auf Honshu durcheinander gebracht hat. Kurz vor Onomichi nahmen wir eine kurze und sehr kleine Fähre, um uns den Stadtverkehr zu sparen. Nach nur 30 km auf Honshu nahmen wir die nächste Fähre, um auf Osakikamijimachi zu unserem Campingplatz zu fahren. Die Insel ist nur dünn besiedelt und so hatten wir das Gefühl immer weiter ins Nichts zu fahren bis wir wieder an der Küste waren und unseren Campingplatz fanden. Pünktlich mit dem Absteigen vom Rad begann es zu regnen, sodass wir uns beeilten das Zelt aufzubauen.

Am nächsten Morgen mussten wir feststellen, dass wir zwei kleine Löcher im Zeltboden haben, durch die trotz der Bodenplane darunter, etwas Wasser ins Zelt gekommen ist. Es hätte aber wesentlich schlimmer sein können und wir wussten, dass wir alles abends im Hotel in Hiroshima trocknen können. Der Tag begann ähnlich grau wie der letzte geendet hatte. Obwohl es zwischen vielen Inseln Brücken gibt, sind Fähren manchmal die einzige Möglichkeit überzusetzen und deshalb führten uns unsere ersten Tageskilometer zu einer Fähre im Süden der Insel. Auf dem Weg dahin kamen wir wieder an vielen Mandarinenbäumen vorbei, die teilweise an so steilen Hängen angebaut werden, dass es kleine Lorenbahnen gibt. Am Fähranleger angekommen, kauften wir die Tickets an einem Automaten in einem kleinen Gebäude, um sie direkt danach einem alten Mann zum Entwerten zu geben. Das Entwerten macht er nämlich noch mit einem Stempel. Seine Frau half uns bei der Bedienung des Automaten und erzählte uns etwas, das wir leider nicht verstanden. Im Nachhinein vermuten wir dass sie etwas über der Insel erzählt hat, weil ihr Mann uns aufeinmal vier Mandarinen gab. Sie sagte immerwieder „amai, amai“, was „süß“ heißt (soviel konnte ich verstehen) und lächelte uns zu. Draußen mussten wir die Mandarinen natürlich direkt probieren und ja, sie waren wirklich sehr süß und lecker! Nach der Überfahrt fuhren wir zügig los, schließlich hatten wir noch vier Inseln vor uns und etwa 60 km Kilometer auf Honshu nach Hiroshima. Schon die erste Insel zeigte uns, dass die Entscheidung für diese Route die richtige war und wir keine Lust hatten, später noch durch Industriegebiete und Hauptstraßen nach Hiroshima einzufahren. Und weil es zum Glück noch mehr Inseln gibt, plante Micha die Tagesroute schnell um, sodass wir mit den Rädern über mehr Inseln und am Ende mit der Fähre nach Hiroshima fahren würden. Zusätzlich wurde im Laufe des Tages das Wetter immer besser, sodass wir die warmen Sachen ausziehen konnten. Statt an Werften und Mandarinen fuhren wir auf den letzten beiden Inseln an Zuchtanlagen für Austern im Meer vorbei. Mit ordentlichem Tempo auf der letzten Insel erreichten wir am frühen Nachmittag unsere Fähre nach Hiroshima und somit unsere letzte Fähre nach Honshu.

Route:

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